Auf einen Kaffee mit...

...Professor Dr. Eckhard Breitbart, Dr. rer. medic. Dipl.-Psych. Friederike Stölzel und Dr. rer. medic. Dipl.-Psych. Nadja Seidel

Hautkrebs zählt bundesweit zu den häufigsten Krebserkrankungen. Über 272.000 Menschen erkranken derzeit jährlich daran, mehr als 37.000 davon am malignen Melanom, dem schwarzen Hautkrebs. Die Hufeland-Preisträger 2018 erarbeiteten in ihrer wissenschaftlichen Studie „Erfolgreiche Primärprävention und Gesundheitserziehung in Kindertagesstätten (CISUS)“ Grundlagen und praktische Anweisungen, um bereits Kleinkinder mit altersgerechten Aktivitäten für das Thema Sonnenschutzmaßnahmen zu sensibilisieren. Denn, so Professor Breitbart: „UV-Schäden, die in der Kindheit und Jugend erworben werden, sind maßgeblich für die Entstehung von Hautkrebs in späteren Lebensjahren verantwortlich.“

Die Preisträger im Interview

Frage: Herr Professor Breitbart, Prävention und Versorgungsforschung ist Ihr Metier. Welchen Stellenwert haben diese wissenschaftlichen Disziplinen in Deutschlands Medizin-Landschaft?
 
Professor Breitbart: Sie sprechen ein gesundheitspolitisches Problem an, das nicht nur in Deutschland, sondern auch international heftig diskutiert wird. Seit der Publikation einer Studie zur Gesundheitskompetenz der Gesamtbevölkerung von Frau Prof. Dr. Doris Schaeffer der Universität Bielefeld, 2016, die nachweisen konnte, dass 54 Prozent der Bevölkerung Deutschlands eine nicht ausreichende Gesundheitskompetenz haben, ist die Politik in Aufregung. Gesundheitskompetent ist ein Mensch dann, wenn er in der Lage ist, die für ihn passenden Gesundheitsinformationen zu finden, sie zu verstehen, sie richtig zu bewerten und sie schließlich auch im Alltag anwenden zu können. Das gilt für die gesamte Versorgung, also auch in der Prävention. Wir gehen ja landläufig davon aus, dass wir ein ganz hocheffizientes Gesundheitssystem haben, was ja einerseits auch stimmt - wir sind technisch up to date. Wichtig ist dabei aber, dass der Mensch mit seinen individuellen Interessen und Präferenzen im Blickfeld bleibt und nicht in der Informationsflut und der Komplexität des Gesundheitssystems verloren geht. Die Stärkung der Gesundheitskompetenz ist also ein ganz zentrales Thema.
 
Frage: Sind hinsichtlich der Gesundheitskompetenz von Seiten der Politik oder auch aus ärztlichen Initiativen heraus Maßnahmen getroffen worden?
 

Professor Breitbart: Es ist aufgrund dieser Erkenntnisse viel in Gang gekommen, vor allem im Bereich Prävention und Kommunikation. Früher haben Medizinstudierende kaum etwas über primärpräventive Beratung gelernt. Nun schafft der Masterplan Medizinstudium 2020 Abhilfe. So wird u.a. die ärztliche Gesprächsführung stärker berücksichtigt. Wünschenswert wäre, dass angehende Mediziner und Medizinerinnen dieses Wissen auch in der Weiterbildung vertiefen können. Genau darum bemüht sich jetzt der Nationale Krebsplan und auch die Allianz für Gesundheitskompetenz. Momentan wird erwartet, dass wir uns selbst evidenzbasierte Informationen aneignen und verständlich und anwendungsorientiert an die Patienten weitergeben. Dabei müssen wir uns bewusst sein, dass das nachhaltige Verbreiten präventiver Botschaften ein langwieriger Prozess ist, vor allem, wenn man bedenkt, dass Präventionsbotschaften nur dann vollends wirken, also Krankheiten vermeiden können, wenn sie auch wirklich im Alltag der Menschen ankommen. Prävention darf also nicht nur im Arztzimmer Thema sein, sondern muss in den Lebenswelten, von der Kita bis zum Arbeitsplatz, gelebt werden. Die WHO sagt das schon seit vielen Jahren. Genau da werden wir mit unserem Gemeinschaftsprojekt „Clever in Sonne und Schatten“, das von der Deutschen Krebshilfe finanziert wird, aktiv. Von der Geburt des Kindes bis zu seiner Volljährigkeit geben wir Informationen und Umsetzungshilfen an Eltern, Kinder- und Jugendärzte, Kitas und Schulen, um darüber Kinder und Jugendliche in ihrem täglichen Umfeld zu erreichen. Das Kita-Projekt setzt schon bei den Allerkleinsten und den Kita-Erzieherinnen und –Erziehern an, die eine ganz wichtige Vorbildfunktion haben. Unser Clown Zitzewitz hilft, unsere Botschaften spielerisch zu vermitteln – am Ende sind die Kitas aber auch dazu aufgerufen, eine eigene Sonnenschutzstrategie für ihre Einrichtungen zu erarbeiten und umzusetzen.

Frage: Frau Dr. Stölzel auch an Sie die Frage, was Ihrer Ansicht nach das Spannende an Prävention ist.
 
Dr. Stölzel: Ganz praktisch gesehen geht es in unserer täglichen Arbeit darum, wie man präventive Gesundheitsbotschaften über fachliche Grenzen hinweg so vermitteln kann, dass sie direkt bei der Zielgruppe ankommen. Das empfinden wir als sinnstiftend. Bei gelungenen Präventions-Projekten spielen Kommunikation und Kreativität eine große Rolle. Das ist es, was unsere Arbeit so spannend macht.

Frage: Sprechen wir von ihrer prämierten Arbeit. Was ist die Idee, was sind die Grundzüge des Projektes?
 
Dr. Seidel: Die Idee war, ein Programm zu entwickeln, das Kinder für das Thema Sonnenschutz begeistert und das sich mit überschaubarem Aufwand und kostenlos an Kitas ausgegeben lässt. Das zentrale Anliegen unseres Projektes ist es ja, das Thema Sonnenschutz nachhaltig im Lebensbereich Kita zu verankern, so dass Kinder spielerisch richtiges Sonnenschutzverhalten erlernen. Zentraler Baustein unseres Projekts ist ein Projektpaket, das interaktive Weiterbildungs-Materialien für die Erzieher sowie kindgerechte Lied-, Film- und Bastelvorlagen zum Thema Sonnenschutz enthält. Wir wollen damit Kinder, Erzieherinnen sowie die Eltern für die wichtigsten Verhaltensweisen zum Thema Sonnenschutz sensibilisieren.
 
Frage: Wie lange ist das Programm schon in den Kitas und wurde zwischenzeitlich die Wirksamkeit untersucht?
 
Dr. Seidel: Seit 2018 gibt es das Projektpaket und es wurde bundesweit 3000 Mal an Kitas und Kitaträger versendet. In der Region Ostdeutschland wird schon sehr intensiv damit gearbeitet. Auch in Nordrhein-Westfalen ist es weit verbreitet und im Jahr 2020 werden wir uns die Region Süddeutschland vornehmen. Das Programm wurde wissenschaftlich begleitet und evaluiert, um die Wirksamkeit zu untersuchen. Wir konnten nachweisen, dass Erzieherinnen und Erzieher nach dem Programm Kinder in den Kitas deutlich besser vor der Sonne schützen, insbesondere durch die Vermeidung direkter Sonneneinstrahlung und das Tragen schützender Kleidung.
  
Frage: Frau Dr. Stölzel und Frau Dr. Seidel sie beide sind Psychologinnen. Was hat sie an der Zusammenarbeit mit der Präventivmedizin interessiert?
 
Dr. Stölzel: Die Psychologie spielt in der Kommunikation der Präventionsbotschaften eine ganz große Rolle. Insofern fühlen wir uns aus der Psychologie heraus bei der Prävention gut aufgehoben.
 
Frage: Herr Professor Breitbart, eine abschließende Frage. Welchen Rat geben Sie ihren Studenten der Medizin als Wegweiser für das Studium mit?
 
Professor Breitbart: Mein Rat: Lerne intensiv das Grundgerüst der Medizin. Sprich die naturwissenschaftlichen physiologisch biologischen Zusammenhänge. Das heißt, wie funktioniert ein Körper. Aber vergiss niemals, dass dein naturwissenschaftliches Wissen dem Patienten durch gute Kommunikation verständlich und alltagsrelevant weitergegeben werden muss. Nur durch eine Begegnung auf Augenhöhe und das gemeinsame Abwägen von individuellen Chancen und Risiken kann die für den Patienten beste Behandlung erreicht werden. Und: Am besten ist es, wenn vermeidbare Erkrankungen gar nicht oder möglichst wenig auftreten. Das Thema Prävention sollte also in der Kommunikation mit Patienten einen sehr hohen Stellenwert haben.